Zum Tag des Schlafes: “Schlaf, ein bedeut­samer Wirtschafts­faktor”

Anlässlich des „Tags des Schlafes“, hat sich unser freier Mitar­beiter Dr. Hans-Günter Weeß, Vorstands­mit­glied der Deutschen Gesell­schaft für Schlaf­for­schung und Schlaf­me­dizin (DGSM) anlässlich des von ihr ins Leben gerufenen „Aktions­tages erhol­samer Schlaf“, Gedanken zum Thema „Schlaf als bedeut­samer Wirtschafts­faktor“ gemacht.

Für ein wirtschaftlich erfolg­reiches Deutschland sind ausge­schlafene Mitar­beiter die Voraus­setzung. Wer nicht ausrei­chend schläft, hat ebenso ein erhöhtes Risiko für Unfälle am Arbeits­platz und im Straßen­verkehr. Gesunder Schlaf fördert aber nicht nur das Leistungs­ver­mögen und die Produk­ti­vität am Arbeits­platz, sondern auch die Gesundheit: Schlaf­mangel und Schlaf­stö­rungen erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkran­kungen, Stoff­wech­sel­er­kran­kungen und psychische Störungen, häufige Ursachen für Frühbe­ren­tungen. Darüber hinaus wird bei chroni­schen Schlaf­stö­rungen ein erhöhtes Demenz­risiko vermutet.

Schlaf­stö­rungen sind in Deutschland immer weiter auf dem Vormarsch. Nach einer vor kurzem veröf­fent­lichten Studie der DAK klagen mehr als 80 Prozent der Erwerbs­tä­tigen zwischen 35 und 65 Lebens­jahren über Schlaf­pro­bleme. Überdurch­schnittlich hoch ist der Anteil der Schlecht-Schläfer unter den Berufs­tä­tigen mit unregel­mä­ßigen Arbeits­zeiten und bei Schicht­arbeit, so eine aktuelle Studie der Techniker Kranken­kasse. 40 Prozent der Befragten im Schicht­dienst beklagten eine schlechte Schlaf­qua­lität und immerhin die Hälfte davon hat weniger als 5 Stunden Schlaf.

Besonders bei Früh und Nacht­schichten ist der Schlaf zu stark verkürzt und hat negative Auswir­kungen auf die Produk­ti­vität am Arbeits­platz. 6 Prozent der Bundes­deut­schen leiden gar an behand­lungs­be­dürf­tigen Schlaf­stö­rungen. Je nach Studie können zwischen 1,1 und 1,9 Millionen Bundes­deutsche nicht mehr ohne Schlaf­mittel schlafen, sind an diese gewöhnt. Eine Abhän­gigkeit auf Rezept. Die medizi­nische Versorgung von Menschen mit Schlaf­stö­rungen ist laut dem Vorsit­zenden der DGSM, Alfred Wiater stark verbes­se­rungs­be­dürftig. Warte­zeiten von bis zu einem Jahr auf einen spezia­li­sierten schlaf­me­di­zi­ni­schen Behand­lungs­platz im Schlaf­labor sind in Deutschland keine Seltenheit. Die schlaf­me­di­zi­nische Ausbildung wird in vielen Medizin­be­rufen noch stief­müt­terlich behandelt, was sich in der hohen Chroni­fi­zie­rungs­neigung von Schlaf­stö­rungen ausdrückt. Rund 50 Prozent der Betrof­fenen leiden länger als drei Jahre, 25 Prozent sogar länger als zehn Jahre an einer Schlaf­störung, so Hans-Günter Weeß, Vorstands­mit­glied der DGSM.

Niedrigere Produk­ti­vität aufgrund von Schlaf­stö­rungen

Schät­zungen gehen von einem Produk­ti­vi­täts­ausfall für die deutsche Wirtschaft durch Schlaf­stö­rungen infolge Absen­tismus und Präsen­tismus am Arbeits­platz von bis zu 1,6 Prozent des Brutto­so­zi­al­pro­duktes aus. Inter­na­tionale Studien lassen eine doppelt so hohe Rate an Arbeits­un­fä­hig­keiten bei Mitar­beitern mit Schlaf­stö­rungen im Vergleich zu ihren ausge­schla­fenen Kollegen vermuten.

Nach der im Jahr 2016 veröf­fent­lichen Rand-Studie, die für fünf OECD Staaten durch­ge­führt wurde, gehen der deutschen Wirtschaft jährlich ca. 60 Milli­arden Euro durch Produk­ti­vi­täts­ausfall und ca. 210.000 Fehltage am Arbeits­platz infolge Schlaf­stö­rungen verloren.

Unaus­ge­schlafene Mitar­beiter stellen ein Sicher­heits­risiko dar

Ebenso verlangt die Arbeits­si­cherheit ausge­schlafene Mitar­beiter. Laut Maritta Orth, Vorstands­mit­glied der DGSM, haben Mitar­beiter mit nächt­lichem Schnarchen und Tages­schläf­rigkeit ein 2,2fach höheres Risiko für Arbeits­un­fälle. 66 Prozent der Arbeit­nehmer, die schläfrig sind und auch Atemaus­setzer im Schlaf haben geben an Schwie­rig­keiten zu haben, Ihre Arbeit zu verrichten, so Orth. 10,1 Prozent, die seit mindestens 12 Monaten an Schlaf­mangel leiden, geben an mindestens einen schläf­rig­keits­be­dingten Arbeits­unfall gehabt zu haben. Joachim Maurer, Leiter der Schlaf­me­di­zi­ni­schen Abteilung an der Univer­sitäts-HNO-Klinik Mannheim fordert aus diesem Grunde ein Umdenken in der Behandlung von Patienten mit schlaf­be­zo­genen Atmungs­stö­rungen: „Für jeden einzelnen Patienten gilt es zukünftig indivi­dua­li­sierte Behand­lungs­pro­gramme zu entwi­ckeln“. Die einseitige Betonung bestimmter Behand­lungs­me­thoden mindere die Thera­pie­treue.

Betrieb­liche Gesund­heits­an­gebote zur Prävention

Nicht nur moderne inter­na­tionale Unter­nehmen wie Google oder Facebook, sondern auch zunehmend viele deutsche Unter­nehmen haben die gesund­heits­för­der­liche und leistungs­stei­gernde Wirkung eines gesunden Schlafes erkannt. Sie bieten ihren Mitar­beitern im Rahmen der betrieb­lichen Prävention Gesund­heits­an­gebote zur Förderung des Schlafes an. “Unsere Mitar­beiter lernen im Rahmen von verhal­tens­the­ra­peu­ti­schen Gruppen den richtigen Umgang mit Schicht­arbeit umso wieder zu einem gesunden und erhol­samen Schlaf zu kommen“, so der Leiter des betrieb­lichen Gesund­heits­ma­nage­ments der Firma Roche Mannheim.

Sekun­den­schlaf – ein hohes Risiko besonders für Berufs­kraft­fahrer

Die Folgen eines un-erhol­samen Schlafes sind u.a. auch eine erhöhte Tages­schläf­rigkeit mit einer erhöhten Unfall­neigung im Straßen­verkehr. Aus diesem Grund unter­stützt die DGSM die Kampagne „Vorsicht Sekun­den­schlaf“, die der Deutsche Verkehrs­si­cher­heitsrat (DVR) mit Unter­stützung des Bundes­mi­nis­te­riums für Verkehr und digitale Infra­struktur (BMVI) und der Deutschen Gesetz­lichen Unfall­ver­si­cherung (DGUV) durch­führt. „Laut einer Umfrage des DVR unter 1.000 Pkw-Fahrern geben 26 Prozent an, mindestens schon einmal am Steuer einge­schlafen zu sein“, so Anna-Sophie Börries, Referentin beim DVR.


Lkw-Fahrer sind jedoch noch stärker gefährdet am Steuer einzu­schlafen. 34 Prozent wünschen sich u.a. von ihrem Arbeit­geber auch außerhalb der gesetz­lichen Ruhezeiten bei akuter Müdigkeit eine Pause machen zu können. Dies ergab eine persön­liche Befragung des Meinungs­for­schungs­in­stituts Kantar Emnid unter 353 LKW-Fahrern, die der Deutsche Verkehrs­si­cher­heitsrat (DVR) und die Deutsche Gesell­schaft für Schlaf­for­schung und Schlaf­me­dizin (DGSM) im Rahmen der Kampagne „Vorsicht Sekun­den­schlaf!“ durch­ge­führt haben. „Dabei sind Berufs­kraft­fahrer beson­deren Risiken für einen un-erhol­samen Schlaf und Sekun­den­schlaf am Steuer ausge­setzt“, so Hans-Günter Weeß.

Aufgrund der weit verbrei­teten Schicht­tä­tigkeit im Trans­port­ge­werbe leiden Sie häufiger an Ein- und Durch­schlaf­stö­rungen. Bewegungs­mangel hinter dem Steuer kann bei vielen zu Überge­wicht und in der Folge schlaf­be­zo­genen Atmungs­stö­rungen führen. Das ist aber noch nicht alles: LKW-Fahrer müssen zu jeder Jahreszeit und rund um die Uhr in einem häufig unkli­ma­ti­sierten und sehr oft zu lauten Führer­stand unter schlechten Bedin­gungen auf überfüllten Parkplätzen am Straßenrand schlafen. Erhol­samer Schlaf ist so für viele nicht möglich, Tages­schläf­rigkeit, Sekun­den­schlaf und Verkehrs­un­fälle die Folge. Im Trans­port­ge­werbe schätzt man, dass zwischen 20 und 40 Prozent aller Unfälle auf Müdigkeit zurück­zu­führen sind.

Nach einer Studie der Bundes­an­stalt für Straßen­wesen aus dem Jahr 2012 ist mindestens jeder fünfte schwere Unfall im Güter-Kraft­fahr­zeug­verkehr auf Übermüdung zurück­zu­führen. Nach Unter­su­chungen der American Automobile Association Foundation for Traffic Safety ist bei jedem sechsten tödlichen Unfall und jedem achten Unfall mit einem Schwer­ver­letzten ein schläf­riger Autofahrer beteiligt.

Schlafen all around the clock – Schlaf und Schicht­arbeit

Wer schläft, so die gängige Vorstellung, der arbeitet nicht, ist nicht wettbe­werbs­fähig. Denn die Konkurrenz schläft bekanntlich auch nicht. Maschinen sind in der Lage, rund um die Uhr zu arbeiten. Nur der Mensch zeigt vermeint­liche Schwächen und braucht Schlaf. Frühschicht, Spätschicht, Nacht­schicht. Die einen schlafen, die anderen bauen Autos am Fließband, schieben Dienst im Krankenhaus, fahren Taxi oder sorgen für die öffent­liche Sicherheit.

Wir leben in einer 24 Stunden Nonstop Gesell­schaft. Schicht­arbeit ist auf dem Vormarsch. Derzeit arbeitet jeder sechste in Schicht oder schicht-nahen Diensten. Tendenz steigend. Viele Studien legen die Vermutung nahe, dass der Schlaf im Drei-Schicht-System häufiger gestört ist als bei reiner Tagschicht. Nach einer aktuellen Studie der Techniker Kranken­kasse leiden 40 Prozent aller Schicht­ar­beiter an schlechtem Schlaf. Dabei hat jede Schicht ihre spezi­fi­schen Auswir­kungen auf den Schlaf.

Nach Nacht­schichten ist die Schlaf­dauer am geringsten, zeigt mehr Unter­bre­chungen und weniger Tiefschlaf. Spätschichten sind bei den Mitar­beitern nicht sehr beliebt, da gearbeitet wird, wenn sich die Familie trifft und die Freunde ihren Hobbys nachgehen. Trotzdem entspricht das Schlaf-Wach-Muster bei Spätschichten bei vielen deren natür­lichen Rhythmus. In der Folge ist der Schlaf oft am längsten und erhol­samsten. Der Schlaf bei Frühschichten ist oft zu kurz. Viele haben Angst zu verschlafen und richten Ihren inneren Blick angespannt die ganze Nacht auf den Wecker. Die Folge ist oberfläch­licher und weniger erhol­samer Schlaf. Konti­nu­ier­liche Schichten könnten gegenüber dem Wechsel in Dreischicht-Betrieben einen gewissen Vorteil bieten.

Studien legen bei Dauer­nacht­schicht oder Dauer­spät­schicht gegenüber der Tagschicht keine reduzierte Schlaf­menge nahe. Insgesamt scheinen langsam rotie­rende Schichten zu einem längeren Schlaf zu führen als kurz rotie­rende Schichten. Nachteil ist aber, dass bei langsa­meren Schicht­wechseln eher körper­liche Adapt­a­ti­ons­pro­zesse statt­finden, was für den Organismus belas­tender sein könnte. Grund­sätzlich sind vorwärts rotie­rende Schichten vorzu­ziehen. Sie weisen eine längere Schlaf­dauer auf. Bei rückwärts rotie­renden Schichten sind die dazwi­schen­lie­genden Pausen für ausrei­chend Schlaf, insbe­sondere bei Frauen die noch familiäre Verpflich­tungen haben, häufig verkürzt.

Welche Faktoren beein­flussen die Schicht­fä­higkeit?

Die Arbeits­or­ga­ni­sation, wie z.B. die Gestaltung flexibler Arbeits­zeiten und eigen­stän­diges und abwechs­lungs­reiches Arbeiten haben einen positiven Einfluss auf die Schicht­ak­zeptanz. Studien belegen keine eindeu­tigen Geschlechts­ef­fekte, aber Männer könnten eine etwas höhere Schicht-Toleranz aufweisen als Frauen. Jüngere scheinen mit Schicht­arbeit ebenfalls besser zurecht­zu­kommen.

Mit zuneh­mendem Alter steigt der Schlaf­mit­tel­konsum und die Anzahl der Frühbe­ren­tungen. Nacht­schichten sind bei älteren Mitar­beitern trotz bester Bezahlung unbeliebter. Der Chronotyp, ob Früh- oder Spätauf­steher, hat einen Einfluss auf die Schlaf-Fähigkeit des Schicht­ar­beiters. Früh-Typen schlafen bei Frühschichten bis zu einer Stunde länger und sind ausge­schla­fener als Spättypen. Nach Nacht­schichten haben hingegen Spättypen, was die Schlaf­dauer angeht, die Nase vorn. Sie schlafen länger als Früh-Typen.

Neue Studien zeigen vielver­spre­chende Lösungs­an­sätze für den Schlaf der Schicht­ar­beiter: Verhaltens-Inter­ven­tionen und Präven­ti­ons­pro­gramme im Rahmen der betrieb­lichen Gesund­heits­prä­vention zeigen bei Schicht-Mitar­beitern mit Tages­schläf­rigkeit, Schlaf­mangel und Schlaf­stö­rungen positive Effekte auf den Schlaf, die Wachheit und die Schicht-Akzeptanz.

Presse­mit­teilung der DGSM anlässlich des „Aktions­tages erhol­samer Schlaf“ am 21.06.2018.


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