“Warum verhalten sich die Leute in einer Firma eigentlich so, wie sie sich verhalten?” — zur Heraus­for­derung beim Kultur­wandel

Bernd Tagliebers Kommentar zu Johannes Thönnessens Beitrag “Hybride befördern – Warum das mit dem Kultur­wandel vielleicht doch nicht so schwer ist” auf Manage­m­ent­wissen online.

Warum machen es Mitar­beiter so wie sie es machen? Wie bei jedem Menschen und wie in jeder Organi­sation stellen sich Gewohn­heits­muster ein. Gewohn­heiten haben die tückische Eigen­schaft hoch automa­ti­siert und weitgehend unbewusst abzulaufen.

Viele dieser Gewohn­heiten sind tenden­ziell hilfreich. Energie (nachdenken, reflek­tieren, überlegen) wird einge­spart. Alle Gewohn­heiten sind das Ergebnis von Lernpro­zessen. Ein Beispiel: Mitar­beiter finden heraus, wie sie Aufmerk­samkeit von ihrer Führungs­kraft bekommen und etablieren diesen Trigger nun zu einer Gewohnheit — funktio­niert ja!

Müsste die Aufmerk­samkeit der Führungs­kraft in eine andere Richtung gehen, ist ein “hinder­liches Gewohn­heits­muster” (ausgelöst durch eine persön­liche Gewohnheit der Führungs­kraft) gelernt und diese verfestigt sich als Gewohnheit.

In der Regel finden sich eine Reihe zentraler hinder­licher Gewohn­heits­muster. Mehr als 5 oder 6 sollten aber nicht ins Visier eines Verän­de­rungs­vor­habens rücken.

Zuhören hilft ungemein beim Heraus­finden der Verhal­tens­muster die aus den Gewohn­heiten resul­tieren. Damit ist aller­dings der Automa­tismus der Gewohnheit noch nicht im Fokus. Hier muss man erst mal von Schuld­zu­wei­sungen abrücken und akzep­tieren, dass alle da unbewusst mitspielen. “Nähkästchen-Inter­views” helfen, diese hinder­lichen Gewohn­heits­muster zu identi­fi­zieren.

Um mit den hinder­lichen Gewohn­heits­mustern klar zu kommen, braucht es ein Lernpro­gramm für neue Gewohn­heiten. Und das hat sehr viel mit Disziplin und Übung zu tun und braucht die volle Aufmerk­samkeit der Führungs­kräfte und Mitspieler. Alle Menschen, auch Führungs­kräfte, haben ein paar Gewohn­heiten, die hinder­liche Resultate an Lernpro­zessen nach sich ziehen. Natürlich können Gewohn­heiten durch das Austau­schen von Menschen verschwinden. Aber damit verschwinden dann auch andere wertvolle Erfah­rungen und Kompe­tenzen. Manchmal wohl unumgänglich.

2 Antworten

  1. Viel häufiger kommt es vor, dass neue ‘willige, wollende, motivierte’ Mitar­bei­te­rinnen und Mitar­beiter vom ‘alten Team’ sozusagen eingen­ordet werden und sich nach und nach der vorhan­denen alten Kultur anpassen (müssen). Es bedarf einer entwi­ckelten und reflek­tierten Persön­lichkeit, um in so einem Falle konse­quent bei sich zu bleiben und gewünschte jedoch andere/neue/dem alten Team (noch) unbekannte oder unbequeme Verhal­tens­weisen beizu­be­halten.
    VG, Andrea Teutenberg

  2. Ja, da haben Sie völlig recht. Das zeigt auch, wie zwingend solche etablierten Gewohn­heits­muster gruppen­dy­na­misch sind. Schon nach kurzer Zeit sind “Neue” eingen­ordet. Manchmal hat man als Berater das Glück eine Teament­wicklung zu begleiten, in der gerade ein neues Mitglied hinzu gekommen ist. Dann kann man diese Dynamik ansprechen und dem Team erklären, dass es eine große Chance ist, wenn ein neues Mitglied mutig zurück­meldet was ihm auffällt. Und dem/der Neuen muss man Mut zusprechen und erklären, dass es dem Team gut tut, wenn seine Gewohn­heiten auf den Prüfstand kommen.

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